Juli 2019 Neue Rechtsprechung

Am 18.7.2019 hat das Bundessozialgericht folgendes Urteil zur Brillenfinanzierung verkündet

(BSG B 8 SO 4/18 R)

Der Sachverhalt:

Die volljährige Klägerin ist wegen einer Trisomie 21 (sog Down-Syndrom), einem Diabetes Mellitus Typ I und einer Zöliakie schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und den Merkzeichen G, H und RF; außerdem besteht eine Hyperopie (Weitsichtigkeit) bei einem Dioptrie-Wert von 6,5 (rechts) bzw 6,0 (links). Sie arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Aus ihrer Tätigkeit bezieht sie ein monatliches Einkommen (228 Euro) und daneben Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung; über weiteres Einkommen oder Vermögen verfügt sie nicht.

Die Klägerin kaufte sich eine Brille für 178,50 Euro (24,50 Euro für die Fassung und 77 Euro je Glas).

Die Krankenkasse übernahm die Kosten für die ärztlich verordnete Brille nicht.

Den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten lehnte auch die beklagte Heimatstadt als Grundsicherungsträgerin ab, weil diese Kosten aus dem Regelsatz aufzubringen seien und sowohl die Gewährung von Hilfe bei Krankheit über das Niveau der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hinaus als auch die Kostenübernahme als Leistung der Eingliederungshilfe ausscheide.

Die Entscheidung des BSG:

Ein Anspruch scheidet aus. Bei den Kosten für die Neubeschaffung einer Brille, die notwendig wird, ohne dass die Funktionsfähigkeit der bisherigen Brille beeinträchtigt ist, handelt es sich um Kosten für ein langlebiges Gebrauchsgut, die vom Regelbedarf umfasst sind (vgl bereits BSG vom 25.10.2017 – B 14 AS 4/17 R – SozR 4-4200 § 24 Nr 7 RdNr 15; zur Abgrenzung von einer Reparatur einer Brille zu deren Neuanschaffung im Einzelnen BSG vom 18.7.2019 – B 8 SO 13/18 R – RdNr 14). Diese Kosten sind bei der Ermittlung der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben eingeflossen (im Einzelnen BSG vom 25.10.2017 – B 14 AS 4/17 R – SozR 4-4200 § 24 Nr 7 RdNr 18).

Im Grundsatz geht der Gesetzgeber damit wegen der in größeren Zeitabständen notwendig werdenden Anschaffung einer Brille davon aus, dass die Kosten vorrangig eigenverantwortlich aus dem Regelsatz … aufgebracht werden.

Kann im Einzelfall ein von den Regelbedarfen umfasster und nach den Umständen unabweisbar gebotener Bedarf auf keine andere Weise gedeckt werden, sollen auf Antrag hierfür notwendige Leistungen als Darlehen erbracht werden. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, hat der Hilfebedürftige in der Regel einen Anspruch auf das Darlehen (“soll”), eine Leistungsversagung kommt nur in Ausnahmefällen in Frage. Eine zuschussweise Gewährung, wie sie die Klägerin begehrt, kommt nicht in Betracht (anders nur Armborst in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2012, § 37 RdNr 11). Der Senat hat keine Zweifel, dass die Gewährung von Darlehen für den Fall, dass tatsächlich keine Ansparungen aus dem Regelsatz erfolgt sind, jedenfalls bei Ausgaben in der hier in Rede stehenden Größenordnung den verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Sicherung des Existenzminimums genügt. Insbesondere die Regelungen zur Rückzahlung solcher Darlehen sind so gestaltet, dass sie im Einzelfall die Möglichkeit eröffnen, finanzielle Härten abzufangen.

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